Primär soll ein ERP auf Grund der Daten operative und strategische Entscheidungen ermöglichen. Die Frage stellt sich daher, wie gut ERP-Systeme wirklich Auskunft geben können. Am Contest in Bern führen vier Anbieter vor, wie wichtige Kennzahlen für den täglichen Gebrauch generiert werden.

Anbieter von integrierten ERP-Systemen nehmen für sich in Anspruch, dass sie mit ihrer Software die betrieblichen Prozesse umfassend abbilden können und im Stande sind, die entstehenden Daten zu praktisch allen gewünschten Auswertungen zu verarbeiten, dies natürlich auf Knopfdruck. 

Wo drückt der Schuh?

Die Praxis zeigt aber zu oft ein anderes Bild. Bereits für die ERP-Einführung wird manchmal ein beträchtlicher Aufwand zur Erstellung von Auswertungen veranschlagt. Im laufenden Betrieb der Software wächst diese Kostenposition oft noch. Jede weitere Auswertung und jeder Report, welche durch den Implementationspartner zu erstellen sind, können schnell einmal mehrere tausend Franken kosten. Versucht man diese Arbeit dem internen Super-User aufzuhalsen, so werden mehrere Arbeitstage investiert, damit dieser nur schon den Mechanismus versteht, wie die Daten aus der Systemdatenbank zu holen und zu verarbeiten sind. Weitere Tage fliessen dann in die Gestaltung eines Outputs, der einen einigermassen ansehnlichen Eindruck macht. Dabei handelt es sich oft nicht einmal um komplizierte Auswertungen, sondern beispielsweise nur um die einfache Anpassung einer Angebotsmaske an ein neues Corporate Design.

Wird der Aufwand für eine gute Auswertung der ERP-Daten, als zu gross eingeschätzt, so wird oft gänzlich darauf verzichtet. Als Folge werden dafür im Monatsrhythmus viele Stunden eingesetzt, um via Export-Funktion und Excel doch noch Aussagen machen zu können. Externe Business-Intelligence-Tools sind zwar eine weitere Möglichkeit, um an die gesuchten Auswertungen zu kommen, aber auch diese Programme sind nicht gerade umsonst und ohne Aufwand zu haben. Bei fragmentierten IT-Architekturen – d.h. Softwarekomponenten von verschiedensten Herstellern – wird es schwierig, die operativen Grössen miteinander in Beziehung zu setzen. In diesem Fall führt der Weg ausschliesslich über externe Auswertungstools wie QlikView oder Jedox, welche in der Lage sind, beliebige Datenbestände anzuzapfen und damit Auswertungen anzustellen.

Ein umfassendes ERP liefert vielseitige Messgrössen

Wird mit einem einzigen integrierten ERP-System gearbeitet, so stehen viele Möglichkeiten elegant zur Verfügung, denn sämtliche Daten liegen idealerweise in einer einzigen zentralen Datenbank und damit ist eine hohe Konsistenz in Bezug auf Erfassungsart und Zeitpunkt gegeben, die Daten passen durchgängig zu einander. Von dieser idealen Ausgangslage her sollte es möglich sein, jegliche Auswertungen elegant zu konfigurieren.

Zentrale Datenbank

Zentrale Datenbank eines ERP Systems

Zum integrierten System gehört auch das ganze Rechnungswesen, welches die betriebswirtschaftliche Sicht liefert. Interessante Messgrössen setzen sich sehr oft aus Finanz- wie auch aus Logistikdaten zusammen. Damit aus den Daten nützliche Informationen werden, müssen die Daten zueinander in eine Beziehung gestellt, verdichtet und aussagekräftig dargestellt werden.

Das ERP kann Daten liefern, welche Aussagen zum Zustand des Unternehmens in der Vergangenheit bis zum aktuellen Tag ermöglichen – und darüber hinaus ein Stück weit in die Zukunft zu schauen. Dazu sind die reichhaltigen Möglichkeiten im ERP zu nutzen, welche verbunden sind mit Planung, Budget, Chancen, Simulationen etc.

In den ERP-Systemen sind normalerweise schon standardmässig einige Auswertemöglichkeiten vorhanden. Allerdings sind diese für das individuelle Unternehmen vielleicht nicht sehr aussagekräftig. Hier lohnt es sich abzuklären, welche Indikatoren für die Unternehmensführung nützlich sind und in welcher Form.

Vorsicht vor Nebenwirkungen

Kennzahlen

Organisation – Ressourcen – Prozesse

Natürlich kann man sich fast beliebige Kennzahlen ausdenken und diese beispielsweise jeden Monat erheben. Damit entstehen Kurven und Trends auf der Zeitachse, welche als Diskussionsgrundlage im Unternehmen dienen. Nicht selten werden mit diesen Kennzahlen gleichzeitig Zielvorgaben für die Mitarbeitenden definiert. Dies ist ein übliches Prozedere, birgt aber Gefahren, die häufig nicht oder erst nach langer Zeit wahrgenommen werden. Mit den Kennzahlen und den Zielvorgaben werden Anreize gesetzt. Die Mitarbeitenden reagieren darauf und optimieren sich entsprechend, um die Kennzahl in die vorgegebene Richtung zu bringen –dies mit vielleicht unbeabsichtigten Nebenwirkungen. Beispiele? Reduktion der Planungsdauer: Die Projekte werden aufgeteilt. Anzahl Leads im Verkauf: Die Qualität sinkt zu Gunsten der Masse. Ungeeignete Indikatoren können zu seltsamen Gewohnheiten führen oder zu einer unerwünschten Unternehmenskultur. Dass die Bewertungssysteme zu den strategischen Unternehmenszielen passen müssen, ist eigentlich klar. Oft genug ist die Strategie – etwa in Bezug auf die logistische Ausrichtung –nicht klar definiert; gemessen und bewertet wird dennoch. Beispiel: Das Spannungsfeld zwischen Servicegrad, Durchlaufzeiten, Lagergrössen etc. lässt sich mit geeigneten Auswertungen zwar besser dokumentieren, löst sich aber dadurch nicht automatisch. Das ERP kann lediglich die Entscheidungsgrundlagen liefern, nimmt aber das Denken nicht ab. Kennzahlen müssen sehr gut durchdacht sein, bevor sie zur Bewertung eingesetzt werden. Dabei müssen auch die Einflüsse bekannt sein, welche auf das Messergebnis wirken können. Häufig genug ist aber nicht wirklich klar, wann an welcher Stelle im Prozess etwas gemessen wird. Die Interpretation der Indikatoren kann dann leicht zu falschen Rückschlüssen führen.

KPI – Einfache Zahlen mit komplexem Hintergrund

Messgrössen erlauben im Allgemeinen den firmeninternen Vergleich in regelmässigen zeitlichen Abständen. Um aber Unternehmen miteinander vergleichen zu können, braucht es Messgrössen, die standardisiert und gut beschrieben sind. Solche KPI (Key Performance Indicators) finden sich beispielsweise im SCOR®-Modell (Supply Chain Operations Management). Die dahinter stehende Organisation (APICS Supply Chain Council, www.apics.org) führt mit SCORmark den (anonymen) Vergleich von erhobenen Messwerten durch und kann mit diesem Benchmarking interessante Hinweise zur Leistungsfähigkeit des Unternehmens im internationalen Vergleich liefern.

Ein Beispiel dafür ist die Cash-to-cash-cycle-time (Kapitalbindungsdauer). Diese gibt die Dauer in Tagen an, bis das ausgegebene Geld wieder eingenommen wird. Für eine richtige Berechnung ist eine Vielzahl von Daten aus dem Logistik- und Finanzbereich notwendig. Diese und ähnliche KPIs sind sehr aussagekräftig. Trotzdem greifen wir am Contest auf einfachere Kennzahlen zurück, um die ERP-Systeme direkt zu vergleichen. Es würde leider den Rahmen der Veranstaltung sprengen, die notwendige Datenfülle und die Berechnungen nachvollziehbar zu gestalten.

softwarecontest

Auswertungsmöglichkeiten im Vergleich beim Software Contest

Am Software Contest sollen vier Anbieter live auf der Bühne zeigen, wie bestimmte Auswertungen erzeugt werden, wo die entsprechenden Daten herkommen und wie die im ERP eingebauten Tools funktionieren, um selbst Reports zu erstellen. Um einen interessanten Vergleich zu ermöglichen, werden Auswertungen aus unterschiedlichen Anwendungsgebieten verlangt. Die thematische Auswahl soll exemplarisch aufzeigen, welche weiteren Möglichkeiten kundenspezifisch realisiert werden könnten. Voraussichtlich werden Vergleiche aus den im Folgenden aufgelisteten Beispielen gezeigt:

Der Projektertrag für ein Dienstleistungsprojekt mit Materialanteil soll ausgewiesen werden. Die Kenngrössen interessieren dabei sowohl in der Projekt-Planungsphase als auch für die Projektnachkalkulation. Beim Contest soll ein Projekt im ERP eröffnet und einige Ein- und Ausgaben als Planwerte erfasst werden. Auf das Projekt werden Dienstleistungen im Stundenaufwand erfasst, Materialeinkäufe getätigt und Artikel zu Fixkosten verkauft. Jederzeit sollen monetäre Planwerte und Ist-Werte für dieses Projekt ausgewertet werden können.

Eine Lieferantenbewertung kann auf recht unterschiedlichen Daten beruhen. Für den Vergleich sollen Logistik- und Qualitätsaspekte zugezogen werden. Der Empfang von bestelltem Material wird beim Wareneingang eingetragen und die Menge sowie der Zustand der Artikel geprüft. Zusätzlich sollen aber noch Qualitätsaspekte berücksichtig werden, welche beim Gebrauch der gekauften Artikel durch den Kunden anfallen können: Rückmeldungen und Retouren von Kunden sind zu erfassen und in die Beurteilung einzubauen.

Das Liquiditätsmanagement berücksichtigt sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens. Häufig sind die betriebsinternen Abläufe zu langsam, als dass kritische Situationen frühzeitig erkannt werden können. Extern geführte Lohn- und Finanzbuchhaltungen sind hier gegenüber einem vollständig integrierten System mit einfachen und schnellen operativen Prozessen im Nachteil, gerade wenn die Lohnzahlungen den Löwenanteil der Ausgaben ausmachen. Für die Vorführung wird ein Kundenauftrag erfasst, welcher auf der einen Seite Ausgaben für eine Materialbestellung auslöst und erst entsprechend später Einnahmen generiert.

Das Jahresbudget ist operativ nutzbar, wenn es im ERP erstellt wird und im Lauf des Jahres mit den entstehenden Ist-Werten verglichen werden kann. Die Planung im ERP über die firmenspezifisch interessierenden Positionen wie Projekte, Artikel, Ressourcen etc. ermöglicht einen laufenden Budgetvergleich mit den aktuellen Werten sowie korrigierende Massnahmen. An einem Beispiel-Budget soll erkennbar werden, mit welchem Aufwand für die Budgeterstellung zu rechnen ist, und welche Soll-Ist-Auswertungen verlangt werden können.

Die Marktchancen auszuwerten ist der Klassiker im CRM und stellt ein wichtiges Entscheidungskriterium dar, um die Verkaufsressourcen optimiert einzusetzen und Trends frühzeitig zu erkennen. Integrierte ERP leisten heute im CRM-Bereich mehr, als noch vor kurzem von spezialisierten Tools zu erwarten war. Allerdings ist es in jedem Fall notwendig, dass alle involvierten Mitarbeitenden laufend diszipliniert ihre Daten im System erfassen, sonst ist später keine Auswertung machbar. Beispielhaft sollen für Interessenten Verkaufschancen erfasst werden mit erwartetem Abschlussvolumen und –datum sowie Wahrscheinlichkeit. Als Auswertung wird eine Darstellung des mutmasslichen Verkaufsvolumens (Sales Funnel) über die Zeit erwartet. Eine mögliche Ausweitung des Themas würde in Richtung Arbeitsvorrat und Ware in Arbeit gehen.

Serviceleistungen sind an Verträge (SLA, Service Level Agreement) gebunden, welche unter anderem die Reaktionszeit von der Problem-Meldung bis zu deren Behebung definieren. Ähnlich wie bei einer Versicherungsgesellschaft ist für den Anbieter der Serviceleistung jeder Vertrag mit einem Risiko verbunden, welches beispielsweise von der Wahrscheinlichkeit eines Servicebedarfes und dem damit zusammenhängenden Serviceaufwand abhängt. Um die Verträge richtig zu gestalten, ist deren laufende Auswertung essentiell. Auszuweisen ist die Rentabilität einzelner Verträge und von Gruppen gleichartiger Verträge, beispielsweise auf gleiche Produkte oder gleiche Reaktionszeiten bezogen.

Die zeitliche Belastung der Mitarbeitenden ist mit Jahresarbeitszeit, „Work at Home“, Verfügbarkeit rund um die Uhr und allgemein zunehmender Selbstständigkeit auch für die Betroffenen selbst oft nicht transparent. Transparenz ist aber nicht zuletzt auch vom Gesetzgeber gefordert. Die Auswertung aus dem ERP soll folgende Fragen beantworten: Wie hoch ist die aktuelle Auslastung? Wie viele Ferien sind bezogen oder noch ausstehend? Wie hoch ist die Auslastung geplant?

Individuelle Auswertungen sind für jedes Unternehmen unumgänglich. Zwar bringen die ERP-Systeme in der Regel eine grosse Zahl fertiger Auswertungen mit, aber die Möglichkeiten Daten miteinander zu vergleichen, sind fast unbegrenzt. Die Darstellungsformen sind dabei ebenfalls wichtig und mit der Vielzahl von Präsentationsmöglichkeiten verbunden. Berichte im A4-Format für beispielsweise einen Quartalsabschluss sind nicht zu vergleichen mit einem Cockpit auf dem Smartphone für den Aussendienstmitarbeitenden. Der Contest soll zeigen, ob und wie einfach Auswertungen angepasst werden können. Ebenfalls interessierte es, in welchem Fall spezielle BI-Tools oder der Weg über Excel zu wählen ist bzw. was direkt im ERP ablaufen kann. Können diese Abfragen selbst erstellt werden? Braucht es dazu Spezialisten? Der Contest soll in diesem Aspekt einen interessanten Blick in den Werkzeugkasten erlauben, den Anwender zur Verfügung haben.

Das genaue Programm für die Vergleiche wird nach Redaktionsschluss definiert. Der Software Contest bietet auch Platz für spontane Fragen. Der Vergleich der verschiedenen ERP-Systeme wird unterschiedliche Technologien und Methoden zeigen. Welche dabei zu überzeugen vermögen, werden die Besucher aufgrund Ihrer individuellen Anforderungen für sich selbst entscheiden. Klar ist schon jetzt, dass der Contest jede Menge Impulse liefert, wie das eigene Unternehmen von Verbesserungen im ERP profitieren kann. Lassen Sie sich inspirieren!

Kostenlose Beratung

 

Detail-Programm Contest 2015
Melden Sie sich jetzt an und profitieren Sie von 25% Frühbucher-Rabatt bis am 31.12.2015

 

 

Matthias Zehnder

Matthias Zehnder berät Unternehmen bei der Auswahl und Einführung von Business Software Lösungen. Matthias ist Mitglied des Consulting Teams von schmid und siegenthaler consulting gmbh.