Die gebremste Wirtschaftslage hat bei vielen Firmen dafür gesorgt, dass Investitionen gekürzt oder verschoben wurden. Auch die Informatik ist davon nicht verschont geblieben. Der Einsatz von Business Software wird zwar generell als nützlich und wertvoll erachtet, doch wird auch hier der Rotstift angesetzt. Zu hohe Investitions- und Unterhaltskosten, aber auch personelle und qualitative Überlegungen führen zur Auslagerung der IT-Kompetenz.

 

Der richtige Moment für die Wolke
Mit dem Versprechen „einfach, schnell, günstig und flexibel“ kommt Software as a Service bei vielen Firmen genau im richtigen Moment. Als standardisiertes, dezentral nutzbares Betriebsmodell wird die Wolke zum industrialisierten IT-Konsumgut. Anwender delegieren teure Investitionen in Infrastruktur und Ressourcen sowie mühsame Updates an Dritte und können sich vermehrt aufs Kerngeschäft konzentrieren. Aber es sind nicht nur wirtschaftliche Überlegungen, welche SaaS für viele Unternehmen attraktiv machen. Das Betriebsmodell „Wolke“ ermöglicht eine ortsunabhängige Nutzung der Lösung und lässt sich flexibel an sich verändernde Bedürfnisse anpassen. Zudem ist das Internet für viele Anwender inzwischen sowohl privat als auch geschäftlich praktisch zum Synonym für IT geworden; webbasierte Lösungen werden daher oft als moderner und zeitgemässer empfunden. Ein Stück Zeitgeist eben.

 

 Cloud Computing auf der topsoft 2013

Die topsoft widmet sich am 15./16. Mai 2013 mit verschiedenen Veranstaltungen dem Thema Cloud Computing. Im Cloud Park können verschiedene Lösungen live ausprobiert werden. Anbieter stehen für Fragen und Beratung zur Verfügung. Der Thementag „Cloud Computing“ geht am 16. Mai auf die verschiedenen Aspekte wie Platform, Infrastructure und Software as a Service ein. Zuvor findet mit dem „Cloud ERP Slamming“ eine Premiere der besonderen Art statt. Erstmals werden ausgewählte SaaS-Anbieter live auf der Bühne im Dialog mit dem Publikum zeigen, was sie wirklich drauf haben an Wissen, Erfahrung und Funktionen. Das Cloud Speed Dating bietet die effiziente Möglichkeit, gezielte Kontakte zu Vertriebs-, Kooperations- und Allianzpartnern oder zu Arbeitgebern im Cloud-Umfeld zu finden. Weitere Informationen unter www.topsoft.ch.

 

Ein Projekt bleibt auch in der Wolke ein Projekt
Der Aufwand für Beschaffung, Installation und Nutzung einer cloudbasierten Lösung ist gering, doch Projektorganisation, Implementierung, Netzwerk und Internet sowie Investition in Anwenderwissen und Endgeräte unterscheiden sich nicht wesentlich zu einer stationär betriebenen, so genannten „On-Premise“-Lösung. Stammdatenstrukturen, Auswertungen, Systemeinstellungen usw. müssen auch für eine SaaS-Lösung klar definiert werden. Gemäss den Marktforschungszahlen von MSM Research gerät jedes vierte Cloud-Projekt in Schieflage. Ein Projekt bleibt eben ein Projekt, auch wenn die Wolke eine gewisse Leichtigkeit suggeriert.

Nebulöse Wahrnehmung von Cloud-Software
Cloud Computing ist ein attraktives Marketing-Zugpferd, welches sich viele Anbieter gerne vor ihren Wagen spannen. Auch wenn die Nachfrage laufend zunimmt, hält sich das Angebot an echten SaaS-Lösungen noch in Grenzen. Oft werden Applikationen als Cloud-Lösungen angeboten, welche zwar das Internet nutzen, jedoch die Installation einer Client-Software erfordern. Nicht überall, wo Cloud drauf steht, ist auch Cloud drin. Wer herausfinden will, ob es sich um eine echte Cloud-Lösung handelt, kann dies leicht feststellen: Lässt sich die Anwendung ohne zu installieren und Daten zu hinterlassen in einem Internet-Café benützen, ist es wirklich „Software as a Service“. Die Software-Evaluation unter www.topsoft.ch ermöglicht es, wirkliche SaaS-Lösungen unter Berücksichtigung verschiedenster Kriterien zu finden.

Alles eine Frage des Vertrauens
Mit dem Entscheid für eine Cloud-Lösung gehen Kunden eine enge Beziehung zum Anbieter ein: Ist der Service nicht verfügbar, sind auch die Daten nicht im Zugriff. Dies erfordert ein zuverlässiges System, dass nicht nur die erforderlichen Funktionen und höchste Sicherheit, sondern auch eine permanente Verfügbarkeit mit ausreichender Performance garantiert. Unter diesen Aspekten sind Verträge und Service-Vereinbarungen, so genannte Service Level Agreements (SLA), genau zu prüfen bzw. zu vergleichen. Eine Frage des Vertrauens sind die Themen Datensicherheit und Datenschutz. Während die Datensicherheit die Verfügbarkeit und Integrität der Daten sicherstellt, bezieht sich der Datenschutz auf den Schutz vor missbräuchlicher Verwendung von Daten und unterliegt der nationalen Gesetzgebung am Datenstandort. Wenn die Daten also in Übersee auf einem Server liegen, findet das Schweizer Recht keine Anwendung. Für viele Unternehmen ist dies ein wichtiger Grund, einen Anbieter mit Datenhosting in der Schweiz zu wählen. In Sachen Datensicherheit übertreffen die Sicherheitsmassnahmen des Cloud-Anbieters in der Regel die Möglichkeiten eines KMU bei weitem.

Startklar mit der Cloud Checkliste
Als minimale Vorgaben sollten vor dem Entscheid für eine SaaS-Lösung unbedingt folgende Grundlagen geklärt werden:

  • Wo befindet sich der Server mit der Cloud-Lösung?
  • Wo werden welche Daten gespeichert?
  • Werden die Daten verschlüsselt übertragen?
  • Können die Daten lokal gesichert werden?
  • Gibt es den Anbieter auch in einigen Jahren noch (Solvenz, Übernahme etc.)?

Eine Checkliste mit weiteren Punkten findet sich hier. Da auch Lösungen aus der Wolke nicht gratis vom Himmel fallen, ist ein Kostenvergleich für Abonnementgebühren sowie allfälliger Zusatzkosten wie Speicherplatz, Datentransfer und Service-Vereinbarungen zu berücksichtigen. Je nach Projekt kommt noch der Aufwand für Dienstleistungen wie Datenmigration, Schnittstellen oder individuelle Software-Anpassungen dazu.

Den Anbieter zum Fluglehrer machen
Der Anbieter stellt zwar das SaaS-Fluggerät zur Verfügung, doch vom Start bis zur Landung hat der Anwender beim Wolkenflug den Steuerknüppel selber in der Hand. Wer einen Absturz vermeiden will – oder überhaupt erst einmal abheben möchte –, richtet sein Augenmerk mit Vorteil nicht nur auf die Lösung, sondern ebenso auf die Kompetenz und die Zusatzleistungen des Anbieters. Starthilfen in Form von Beratung, Schulung, Tutorials oder Handbüchern können das Abheben massiv beschleunigen. Sehr hilfreich kann es auch sein, wenn der Anbieter individuelle Systemanpassungen vornehmen kann, damit der Kunde seine Geschäftsprozesse nicht „verbiegen“ muss. Oder wenn für die Übernahme von bestehenden Daten Hilfsprogramme oder Spezialisten zur Verfügung gestellt werden. Als Flugsicherung sollten Helpdesk und Support des Anbieters auf jeden Fall immer verfügbar sein, gegebenenfalls sind entsprechende Service Level Agreements zu vereinbaren.

Fallschirm für den Sprung aus der Wolke
Nicht immer herrscht eitel Sonnenschein, denn Wolken sind vergänglich. Wer den Anbieter wechseln will oder muss, sollte von Anfang an einen Fallschirm in Form eines „Worst-Case-Szenario“ bereithalten. Kleine Pannen wie ein Unterbruch der Internet-Verbindung sind meistens von kurzer Dauer und lassen sich mehr oder weniger problemlos überbrücken. Viel kritischer wird es, wenn der Anbieter Konkurs anmeldet oder die Geschäftstätigkeit aufgibt. Dann muss es häufig schnell gehen mit dem Sprung aus der Wolke. Die Datenvorsorge muss von Anfang an berücksichtigt und vertraglich geregelt werden. Bei aller Anfangsbegeisterung für die Cloud sollte ein Ausstiegsszenario zumindest in der Schublade liegen. Im Fall der Fälle werden die Stammdaten zu retten sein, aber die Bewegungsdaten sowie die Überlegungen zu den Systemstrukturen werden sich dann wohl in Luft auflösen.

Christian Bühlmann

Christian Bühlmann ist Chefredaktor des topsoft Fachmagazin für Business Software.